Cristián Gálvez: Argumentationstechniken // Tunen Sie Ihren Fünfsatz

7. Mai 2014

Argumentationstechnik - Tunen Sie Ihren Fünfsatz - Botschaft auf den Punkt bringen

Argu­men­ta­ti­ons­tech­niken — Psycho­logie für noch mehr Wirkung // Foto: André Wirsig

 

 

Fast jeder hat schon von ihm gehört und in kaum einem Rhetorik-Seminar darf er fehlen. Der Fünfsatz ist der Klas­siker unter den Argu­men­ta­ti­ons­tech­niken. Die Struktur eignet sich für Konfe­renzen, Meetings, Präsen­ta­tionen und Diskus­sionen. Sie sorgt dafür, dass der Sprecher eindeutig, struk­tu­riert und prägnant seine Botschaft auf den Punkt bringt.

 

Menschen, die die Struktur des Fünf­satzes souverän beherr­schen, wirken über­zeu­gend und kompe­tent. Bei dem Klas­siker geht es weniger um fünf Sätze als vielmehr um fünf Schritte, die Ihre Botschaft auf den Punkt bringen.

 

Argumentationstechniken

 

Der erste Schritt dient der Einlei­tung. Häufig wird dabei ein anderer Beitrag aufge­nommen oder der eigene Stand­punkt aufge­führt. Der Weg zur Haupt­aus­sage erfolgt danach in drei Schritten. Hier haben sich verschie­dene Grund­muster bewährt (siehe Abbil­dung). Erst am Schluss wird der entschei­dende Impuls, ein Fazit oder Appell gesetzt. Psycho­lo­gisch setzt dieses Format auf den soge­nannten Recency-Effekt. Dieser trägt maßgeb­lich dazu bei, dass die letzte Botschaft hängen bleibt.

 

 

Beispiel Klas­siker:

    1. Einlei­tung (Stand­punkt)
Ich bin der Meinung, dass Deutsch­land einen Mindest­lohn braucht.
    2. Argument
Im soge­nannten Nied­rig­lohn­sektor liegt der Stun­den­lohn auf einer nicht zumut­baren Höhe.
    3. Beispiel
Ein gutes Beispiel dafür sind die Löhne im libe­ra­li­sierten Brief­markt. Der größte Post­kon­kur­rent, die XY GmbH, zahlt einen Basis­lohn von 7,20 Euro. Das liegt deutlich unter der Lohnuntergrenze.
    4. Schluss­fol­ge­rung
Ein Lebens­un­ter­halt ohne ergän­zende Hartz-IV-Leis­­tungen ist damit nicht möglich. Unsin­nige Sozi­al­sub­ven­tionen sind die Folge.
    5. Zielsatz
Deshalb brauchen wir einen gesetz­lich gere­gelten Mindestlohn.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine solche Argu­men­ta­tion entspricht der klas­si­schen Struktur des Fünf­satzes. Sie ist kurz, logisch und zielführend.

 

Aufgrund psycho­lo­gi­scher Gesetz­mä­ßig­keiten lässt sich diese Struktur in ihrer Wirkung steigern. Dabei sind es kleine Nuancen, die aus dem Klas­siker ein hoch­wirk­sames und modernes Sprach­muster des Über­zeu­gens machen. Mit folgenden drei Prin­zi­pien sorgen Sie für einen echten Booster inner­halb Ihrer Argumentation.

 

 

1.     Verlorener Performativ

 

Jeder Form der Einlei­tung kommt aufgrund des Primacy-Effekts eine beson­dere Bedeu­tung zu. Denn neben dem 5. Schritt (Recency-Effekt) bleibt vor allem der 1. Schritt hängen. Aus der Hypno­the­rapie kommt das Konzept des verlo­renen Perfor­ma­tives, dessen Wirkung auch den Fünfsatz verstärkt. Der Stand­punkt wird dabei nicht an einen Absender gekop­pelt. Die Instanz geht verloren. In dem oben genannten Beispiel fällt damit das „Ich“ des Spre­chers weg. Statt „Ich bin der Meinung, dass Deutsch­land einen Mindest­lohn braucht“ lautet die Aussage nur noch: „Deutsch­land braucht einen Mindest­lohn“.

 

Argu­men­ta­tionen gewinnen an Gewicht, wenn der Gedanke (Urteil, Wertung) vom Sprecher entkop­pelt wird. Insbe­son­dere, wenn der Zuhörer den Absender kritisch sieht, seine Kompe­tenzen anzwei­felt oder er ihm einfach unsym­pa­thisch ist. Mit dem „Ich bin der Meinung“ verliert die Argu­men­ta­tion schon an Über­zeu­gungs­kraft, weil die Akzep­tanz des Absen­ders sowieso in Frage gestellt wird. Strei­chen Sie das „Ich“ in Ihrer Argu­men­ta­tion. Es geht nicht um Sie, es geht um die Sache. Wenn Sie diese in den Mittel­punkt stellen, ist der Zuhörer mit seinen Gedanken stärker auf die Aussage fokus­siert, als auf den Absender. Das schafft Wirkung.

 

 

2.     Begründungskonjunktionen

 

Auf den zweiten Booster für Ihre Argu­men­ta­tion stieß ich über ein psycho­lo­gi­sches Expe­ri­ment aus dem Jahre 1978. Professor Robert Cialdini beschreibt dieses in seinem sehr lesens­werten Buch Die Psycho­logie des Über­zeu­gens: Wie Sie sich selbst und Ihren Mitmen­schen auf die Schliche kommen. In der Studie von Langer und anderen wurden Menschen, die in einer Biblio­thek an einem Kopierer anstanden, um einen Gefallen gebeten. Mit Hilfe von verschie­denen Formu­lie­rungen testeten die Forscher, wann wartende Menschen bereit sind, andere vorzu­lassen. Das Ergebnis sehen Sie hier:

 

 

Argumentationstechniken Wirkung Versuch

 

Obwohl in der dritten Versuchs­an­ord­nung nicht wirklich eine Begrün­dung vorlag, kamen 93 Prozent der Wartenden dieser Bitte nach. Menschen sind bereit, einer Aussage zu folgen, wenn diese begründet ist. Die Begrün­dung muss dabei nicht einmal stich­haltig sein. Es geht um das kleine Wörtchen „weil“. Viele Verkaufs­un­ter­su­chungen zeigen ähnliche Ergeb­nisse. Verkäufer sind erfolg­rei­cher, wenn sie viele Begrün­dungen verwenden. Auch wenn sie nicht wirklich Gründe liefern.

 

Nutzen Sie deshalb verstärkt Begrün­dungs­kon­junk­tionen inner­halb Ihrer Argu­men­ta­tion. Beispiele sind „der Grund dafür“, „weil“, „gerade deshalb“. Ihr Gegen­über folgt Ihnen verstärkt durch eine auto­ma­ti­sche Einwil­li­gungs­re­ak­tion.  Ein einfa­ches psycho­lo­gi­sches Prinzip für noch mehr Wirkung.

 

 

3.     Positive Formulierungen

 

Die Schluss­fol­ge­rung steht kurz vor dem Zielsatz. Hier sollte Ihr Gegen­über auf den Zielsatz vorbe­reitet sein. Die Klarheit der Sprache ist hier beson­ders wichtig. Formu­lieren Sie in der Schluss­fol­ge­rung immer positiv und eindeutig. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Gegen­über das Gesagte nicht  über­setzen muss.

 

In unserem Beispiel führen diese drei psycho­lo­gi­schen Prin­zi­pien zur folgenden Argumentation:

    1. Einlei­tung (Stand­punkt)
Die Diskus­sion unter­streicht einen wich­tigen Punkt: Deutsch­land braucht einen Mindestlohn.
    2. Argument (Begrün­dung)
Die Gründe dafür sind viel­fältig: Im soge­nannten Nied­rig­lohn­sektor liegt der Stun­den­lohn auf einer nicht zumut­baren Höhe.
    3. Beispiel (Begrün­dung)
Gerade deshalb gibt es viele Beispiele: Nehmen wir die Löhne im libe­ra­li­sierten Brief­markt. Der größte Post­kon­kur­rent, die XY GmbH, zahlt einen Basis­lohn von 7,20 Euro. Das liegt deutlich unter der Lohnuntergrenze.
    4. Schluss­fol­ge­rung (positiv & eindeutig)
Ein Lebens­un­ter­halt ist nur durch zusätz­liche Hartz-IV-Leis­­tungen möglich. Teure Sozi­al­sub­ven­tionen sind die Folge.
    5. Zielsatz
Deshalb brauchen wir einen gesetz­lich gere­gelten Mindestlohn.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fazit: Menschen mögen Struktur. Je deut­li­cher Sie kommu­ni­zieren, umso klarer werden Sie als Persön­lich­keit wahr­ge­nommen. Der Fünfsatz bietet das Gerüst für eine rheto­ri­sche Punkt­lan­dung. Die drei vorge­stellten psycho­lo­gi­schen Prin­zi­pien sorgen für noch mehr Wirkung in Ihrer Argu­men­ta­tion. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!

 

Noch mehr? Cristián Gálvez trai­niert moderne Argu­men­ta­ti­ons­tech­niken in seinem 2‑Tages-Seminar Persön­li­ches Standing.

 

 

Argumentationstechniken Cristián GálvezDER AUTOR: Cristián Gálvez ist Referent, Buch­autor und Mode­rator. In seinen Vorträgen verbindet „Deutsch­lands führender Persön­lich­keits­trainer“ (SAT.1) moderne Erkennt­nisse der ange­wandten Psycho­logie mit seiner Erfah­rung aus Events und Coachings. Nebenbei ist er Dozent am Stein­beis Transfer Institut und mit seiner Exper­ten­mei­nung gern gese­hener Gast in den Medien. Sein aktu­elles Buch „Logbuch für Helden: Wie Männer neue Wege gehen“ ist im Mai erschienen. Weitere Infos: Website von Cristián GálvezHeldentest.de sowie die drei Prin­zi­pien der Mode­ra­tion.

 

 

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