Executive Producer @ ZDF WILLKOMMEN 2023 // Die Silvestergala LIVE im ZDF
Kategorie: Allgemein, Events, Inspiration, Referenzen, Shows
11. Mai 2023
Executive Producer @ ZDF WILLKOMMEN 2023 // © Fotos Markus Nass / SiB GmbH
Nach 10 Jahren Abstinenz war es 2023 wieder soweit: Zurück in die TV-Welt.
Silvester LIVE vom Brandenburger Tor.
Hier das Ergebnis — bevor ich einen Einblick in den Weg dahin gebe:
1. Die Herausforderung?
Die Inszenierung einer TV-Live-Show am Silvesterabend für die Silvester in Berlin GmbH (Veranstalter) und das ZDF. Noch dazu unter weiter teilweise geltenden, wenn auch gelockerten Corona-Bedingungen. Dazu in einer für mich neuen Rolle als Executive Producer (EP), also zugleich weisungsbefugter, wie ‑abhängiger Producer zwischen Sender, Produzent und hundertköpfigem Team. Zudem für ein breites, im Kern eher älteres Publikum, welches das ZDF aber durchaus gern etwas jünger hätte…
2. Die Rahmenbedingungen
Die Show fand wie immer am Brandenburger Tor statt, diesmal allerdings auf der Ostseite. Das bedeutete: Weniger Publikum, nur eine zentrale Bühne. Wie also Bands umbauen? Und wie die Stimmung halten, denn der Partycharakter sollte das zentrale Element der Show sein – neben dem Jahreswechsel, selbstverständlich. Außerdem galt es den Bedenken des Denkmalschutzes Rechnung zu tragen, die eine allzu dekorative Vereinnahmung des Baudenkmals grundsätzlich ablehnen.
Warum hatte ich bloß zugesagt…
3. Aus dem Leben eines Executive Producer
In Abstimmung mit dem ZDF wurden die Musiker und deren Songs ausgewählt. Mein internes Motto als Executive Producer für die Show: LET THE BEAT NEVER STOP – also Tempo, Rhythmus, Spannung halten. So wurden auch die Autoren gebrieft, mit denen der rote Faden für die Show entwickelt wurde. Entwicklung der Idee eines zweiten Produktionsortes in der Nähe, um die Umbauten zu ermöglichen, Abwechslung für die TV-Zuschauer zu schaffen und die Stars gut einzubinden. Mit dem Balkon der Akademie der Künste wurden wir für die Künstlerheimat fündig. Permanente Koordination mit der Technik, mit dem Set-Design die visuelle Vision entwickeln, alle Gewerke der Produktion permanent einbeziehen, Ideen für Requisiten entwickeln und (wenn möglich) durchsetzen.:-) — manchmal fühlte ich mich wie eine Spinne im Netz.
EP never sleeps!
Und natürlich lief nie alles nach Plan. Grußworte prominenter Gäste für die Umbaupausen? Mit den Ablehnungen hätten wir das Büro tapezieren können, alle waren irgendwo beschäftigt. Also Alternativen entwickeln, Einspielfilme konzipieren und vom ZDF abnehmen lassen.
Und permanent Risikomanagement betreiben. Was passiert, wenn das Wetter sch…lecht ist? Die enorm große Abhängigkeit der Pyrotechnik vom Wetter birgt unkalkulierbares Risiko. Regen = viele Effekte funktionieren nicht. Wind = Einsatz der Flammen enorm gefährlich. Trotz sorgfältiger Planung im Vorfeld muss vieles leider spontan entschieden werden. Und wie reagieren, wenn die Klimaaktivisiten kommen?
Das Wichtigste: Wie garantieren wir den absolut pünktlichen Übergang von 2022 nach 2023?
4. Es wird ernst…
Und dann kam der Tag X, einer der nur zwei Probentage, was mir schon vorher Bauchschmerzen bereitet hatte. Aber einen dritten Tag wollte eben keiner bezahlen (und am 1. Weihnachtsfeiertag den Aufbau starten macht auch keinem Spaß). Der erste Probentag zeigte mir, dass dunkle Vorahnungen noch übertroffen werden können. Die Technik funktionierte nicht reibungslos, der Druck für alle war enorm und entsprechend groß die Nervosität. Nur ich musste gute Laune verbreiten. Viele Künstler, die alle ungeduldig auf ihre Probe warteten und das alles Open Air.
Entsprechend war die Stimmung am Ende des ersten Probentages und ich beschloss, alle Schimpfworte unter „Stress“ zu verbuchen. Und siehe da – am zweiten Tag lief es besser, nachdem alle nochmal auf das Ziel eingeschworen waren. Und tatsächlich – let the beat never stop funktionierte. Und unsere Show war am Silvesterabend Quotensieger (mit drei Millionen Zuschauern und 22 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen)!
5. Was hat gut funktioniert?
Mehr als erwartet, nein – natürlich alles so, wie vorhergesehen ;). Die frühzeitige Entwicklung von Milestones und die permanente Einbeziehung des Teams machte sich bezahlt. Das Videomapping schuf tolle Bilder, bei denen die durch den Platzwechsel geringere Zahl der Zuschauer geschickt kaschiert wurde. Die Umbauten haben alle trotz der schwierigen Bühnensituation gut geklappt. Das Publikum konnte häufig als Stimmungsmacher ins Bild gesetzt werden. Und dass die Moderatoren sich mal unter die Zuschauer vor Ort mischten, kam sehr gut an.
Das mit Wichtigste: Der emotionale Moment um 0 Uhr hat absolut funktioniert! Obwohl sich kurzfristig eine Lücke von mehreren Minuten ohne Programm auftat – die wartenden Stars auf der Bühne diese Momente aber nur noch spannender machten.
6. Was ich daraus gelernt hab?
- Qualität und Zeit stehen in äquivalenter Verbindung zueinander. Keine Zeit, weniger Qualität. Bei so engen Probenzeiten lieber die Anzahl der Acts reduzieren.
- Die inhaltlichen Abläufe bräuchten mehr Zeit um adäquat inszeniert zu werden, z. B. Hinweis auf Besonderheiten („Trompetensolo im 2. Refrain“) und der Einsatz von Pyro-Technik muss gesondert probiert werden, damit alle im rechten Moment zur Stelle sind und alles ins Bild zusammenspielt.
- Unbedingt auf die Qualität des Tons und der betreffenden Techniker achten, denn bei so einer Show macht der Ton wirklich die Musik.
- Natürlich gab’s Kritik am LineUp – aber es allen Fernsehzuschauern von 14 Jahren bis über 70 gleichwertig recht zu machen, naja…
7. Das war’s – war’s das?
Feedback vom Sender: „Chris, du hast die Fäden in der Hand gehalten! Eine ganz wichtige neue Position im Team ausgefüllt und das ganze unaufgeregt wie souverän über die Bühne gebracht“. — Unaufgeregt? Wenn die wüssten…
Hier mit Regieassistent Stephan Stöcker, Regisseur Bastien Angemeer und Moderatorin Andrea “Kiwi” Kerner…
Aber für mich hat sich erneut bewiesen – Ruhe bewahren ist der Schlüssel. Ideen zu haben und Visionen zu entwickeln macht Spaß – das aber alles unentwegt zu kommunizieren ist anstrengend, und dennoch letztlich der einzige Weg zum Erfolg. Und ein gutes Team zu haben, das im entscheidenden Moment auch liefert. Danke für die Herausforderung, Maiko Heinrich & Christoph Post! Auf weitere Abenteuer…
PS: Und so lief es dann ein Jahr drauf in 2023…