PAUSE: Warum du mehr erreichst, wenn du weniger arbeitest…
Kategorie: Allgemein, Inspiration, Menschen
2. März 2017
Pause — der Schlüssel zum Arbeits-Erfolg // REST von Alex Soojung-Kim Pang (Quelle: deliberate)
“Inspiration exists but it has to find you at work.”
// Pablo Picasso
Zeit finden für lange Spaziergänge, regelmäßige Mittagsschläfchen, ein langes Wochenende unterwegs, wochenlage Urlaube: Wann warst du das letzte mal länger als einen Monat raus aus dem Alltag?!
Karneval bin ich mit meiner Familie nach Lübeck geflüchtet (nicht aus Überzeugung, aber es bot sich an ;)). Mein Schwiegervater empfahl mir gleich in den ersten fünf Minuten ein Buch, welches er im TIME Magazine entdeckt hat: REST — Why you get more done when you work less.
Genau mein Thema — nicht nur nach meinem halbjährigen Sabbatical. In drei Tagen habe ich das Buch verschlungen, dabei gejubelt, innerlich genickt und schon in dieser Woche erste Tipps in mein Arbeitsrhythmus integriert. Deshalb auch Thema des heutigen Blogposts:
Mehr Pause + weniger Arbeit = echte Work-Life-Balance
Ein Buch über Arbeit und Erholung. Das klingt paradox. Viele von uns interessiert, wie wir produktiver und effektiver arbeiten können. Wir denken nicht darüber nach, wie wir uns besser erholen. Arbeit und Entspannung sind für uns Gegensätze. Schlimmer noch, wir denken über Pausen als Verhinderer von Leistung. Nicht als etwas das für sich steht oder Qualitäten haben könnte.
Ruhe ist ein überwiegend negativ behafteter Gedanke unserer Gesellschaft. Ruhe ist Stillstand. Wir stehen nicht still. Wir definieren uns über unsere Leistung, Aktivität, Beschäftigkeit. Es ist doch gesellschaftlich anerkannt — nein sogar bewundert — eine Reputation als Workaholic zu haben: Wenig Urlaub, viel Stress, immer was los!
In dem Grad wie wir Workaholics als Helden feiern, drücken wir unsere Überzeugung aus, das Arbeit und nicht Kontemplation die Quelle unseres Ich ist. Kollegen und Unternehmen geben vor, dass ihre langen Arbeitsstunden der Erfolgsmesser ist: Schau mal, wie busy ich bin. Das dem nicht so ist, zeigt Alex Soojung-Kim Pang in REST auf: Wissenschaftlich wie unterhaltsam (OK, es hätte auch in der Hälfte der Beispiele verstanden werden können — dennoch lohnt sich die Lektüre äußerst)!
Arbeit und Pausen sind die untrennbaren Seiten derselben Medaille.
Wenn wir uns über unsere Arbeit, Leistungsbereitschaft und Effektivität definieren, dann ist es einfach Ruhe als die Verneinung unseres Ideals zu empfinden. Obwohl wir als Gesellschaft produktiver sind als je zu vor, arbeiten wir mehr und nicht weniger. Die These von REST: Entspannung ist nicht der Kontrahent von Arbeit. Ruhe ist der gleichwertige Partner der Arbeit. Die beiden Pole vervollständigen und vollenden einander. Wir können nicht gut arbeiten, ohne uns immer wieder Erholungs-Pausen zu gönnen. Wir unterschätzen einfach, wie sehr uns ernsthafte Erholung gut tut.
Autorin & Künstlerin Priscilla Bucher // Ein Vorbild für mich in Sachen Arbeit und Pause
Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen
Historisch zeigt Soojung-Kim Pang auf, dass jede Gesellschaft erkannt hat wie Arbeit und Erholung zusammen gehören: Die Griechen, Römer bis zur industriellen Revolution. Schon William James schreibt in seinem Essay „Gospel of Relaxation“, dass Überstunden kontraproduktiv sind. Wohlgemerkt: Die Gedanken stammen aus dem Jahr 1899. Der Blick in die Vergangenheit bietet einen überraschenden Einblick für die Fragen des Heute. Die Gedanken lassen aber vor allem hinterfragen, warum wir so leben und arbeiten wie wir es tun.
Ein Beispiel: Das Zuhause war für Meister ihres Faches Dreh- und Angelpunkt des Schaffens. Der Lehrling wohnte mit unter dem selben Dach. Es gab Phasen der Arbeit und mittendrin immer wieder Pausen. Bei Sonnenuntergang ruhte Arbeit, teils wurde nachts einfach mal 2–3 Stunden der Haushalt gemacht, bevor es in eine zweite Schlafphase ging. Die Familie war in unmittelbarer Nähe. Anders heute, wo wir quer durch das Ruhrgebiet zum Job fahren — oder mit dem ICE nach Frankfurt pendeln. Schon mal von jemanden gehört, der ein Mittagsschlaf im Büro hält? Präsenzkultur und länger bleiben als der Kollege — das sind die Gradmesser eines “erfolgreichen Leistungsbringers”.
Kurzum: Umparken im Kopf ist angesagt. Es ist wieder an der Zeit das Gute zu entdecken, was uns eine Pause an Vorteilen für die Arbeit verschaffen kann.
Weniger ist mehr.
Wenn du Ruhe haben willst, dann musst du dir diese allerdings aktiv nehmen! Keiner wird sich darum kümmern. Dazu müssen wir die Beziehung von Arbeit und Ruhe überdenken sowie ihre intime Verbundenheit anerkennen. Es gilt die Rolle neu zu entdecken, die Ruhe in unserem Leben spielen kann. Besonders hat mich der Fokus des Autors auf die Beziehung von Arbeit, Ruhe und Kreativität interessiert:
“People who have long creative lives, who do really great work for decades, they don’t get inspired and start work.
They start work and get inspired. And they do this every day. That was a real revelation.”
Wenn wir stoppen und uns erholen, zahlen wir keine Steuer für Kreativität – wir investieren vielmehr in sie. Wir werden kreativer und produktiver — das bestätigt auch der Typograf Stefan Sagmeister.
“Only in recent history had „working hard“ signaled pride rather than shame.“
In mehreren Kapiteln geht Alex Soojung-Kim Pang konkrete Schritte durch, die uns helfen Ruhe und Entspannung in unser Leben zu integrieren. Anhand von historischen Vorbildern von Churchill bis Hemingway zeigt er die Bedeutung von Ritualen wie einer Morgenroutine auf, sowie Elemente wie das Gehen, Schlafen und Stoppen.
Prädikat: Lesens- und nachahmenswert.
Frage: Lebst du für die Arbeit oder arbeitest du für das Leben?
“Alles wirkliche Leben ist Begegnung.” Martin Buber.
Die deutsche Übersetzung “PAUSE” von REST wird am 17. April veröffentlicht.
Hier die Buchrezension in der New York Times und ein Interview in The Guardian.
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