Begegnung durch Riechen gestalten – Tipps eines Parfumeurs

25. Mai 2017

Begegnung riechen Sinne Event

Begeg­nung durch Riechen gestalten – Tipps eines Parfu­meurs // Teil 1 der fünf­tei­ligen Serie Begegnung

 

 

Als Event­ge­stalter wollen wir unver­gess­liche Momente erzeugen. Mensch und Marke sollen sich begegnen — am besten mit WOW-Erle­b­­nissen. Wie es zu wirkungs­vollen Begeg­nungen kommt, dem möchte ich in einer fünf­tei­ligen Serie nach­spüren. Dabei werden wir uns dem Myste­rium einer Begeg­nung über die fünf Sinne nähern. Fünf Experten bekommen die selben drei Fragen gestellt. Den Anfang macht der Geruchs­sinn. Dazu habe ich den Parfu­meur Uwe L. Manasse befragt:

 

 

1. Was macht eine wirkungsvolle Begegnung aus?

 

Geruch ist der einzige Sinne­s­kanal, den man nicht betrügen kann. Das unbe­wusste Fühlen des Gegen­übers wird wie bei keinem anderen Sinn akti­viert. Daher ist die wirkungs­volle Begeg­nung auf dieser Ebene geprägt vom Zeigen und Erkennen des Wesens, der Stimmung und der Werte der Kommunizierenden.

 

Duft ist das erste Element der Begeg­nung. Bevor wir mit jegli­chem anderen Sinn das Setting erfassen, hat das Riechen, allein durchs Atmen schon wichtige Weichen gestellt: Bin ich sicher? Ist das echt was ich sehe, höre oder fühle? Und vor allem: Woran erinnert es mich?!

 

Und Duft ist das letzte Element der Begeg­nung. Denn auch kein anderer Sinn verdrahtet im Kopf Erin­ne­rungen so fest wie das Riechen. Diese beiden Faktoren aktiv bewusst zu leben, wird jede Begeg­nung verändern.

 

 

2. Worauf ist bei der Gestaltung einer Begegnung zu achten?

 

Riechen gehört fest mit in die Planung. Ist die Event­lo­ca­tion für den Launch einer Nobel-Uhren­­marke beispiels­weise neben einer Bio-Hühner­­farm? Passt nicht. Geht es um Outdoor­mode, dann ist der länd­liche Geruch Teil der Inszenierung.

 

Wenn eine aktive Beduf­tung vorge­sehen ist, muss diese den Werten der Unter­neh­mung entspre­chen. Eigen­willig gutes Beispiel: Aber­crombie und Fitch. Die kommu­ni­zierten Firmen­werte sind laut, unver­hohlen, auf Äußer­lich­keiten bezogen. Genau so ist die Parfum­ie­rung der Geschäfts­räume. Da wurde alles „richtig“ gemacht.

 

Weniger gutes Beispiel: Bäckerei, die mit „Frischem Backwerk“-Duft parfum­iert wird und man am Abend 16 Stunden alte Brötchen bekommt.

 

Dies gilt auch für Menschen­be­geg­nungen. Beispiel: Der Agen­tur­chef kommt am Nach­mittag zum Kunden, mit einer perfekten Präsen­ta­tion. Gegessen hat er seit heut Morgen nichts. Er ging lieber noch zwei Mal alles durch. Sein Hunger-Mund­­ge­ruch wird den versam­melten Säuge­tieren (Kunden) verraten, dass dieses gehetzte Tier da vorn noch nicht einmal in der Lage ist, für sich zu sorgen. Das Rudel (welches den Auftrag dann an einen anderen vergibt) also schwä­chen wird. Riechen ist hemmungslos ehrlich.

 

Begegnung Riechen Geruchsinn Event

 

 

3. Was können Eventgestalter bei der Planung von Begegnungen davon lernen?

 

Wer die Werte des Kunden, Produkts, Zeit­punkts kennt, wird nichts falsch machen. Also sind diese Werte Tages­ord­nungs­punkt 1. Wer dazu dann auch noch die Trigger seines Publi­kums kennt, macht alles richtig. Also Tagungs­ord­nungs­punkt 2. Dann multi­per­spek­ti­visch denkende Experten ins Boot holen und zur Inter­ak­tion mitein­ander ermu­tigen.

 

Perfekt schlechtes Beispiel: Die Wald­land­schaft einer Stree­t­­ware-Mode­­messe, bestehend aus Groß­for­mat­dru­cken und künst­li­chen Bäumen. Die Beduf­tung der Halle stellte „Wald“ authen­tisch dar. Der Lösungs­mit­tel­ge­ruch aus den Drucken und dem China­plas­tik­ge­ruch der Bäume jedoch nicht. Besucher bekamen Kopf­schmerzen. Die Verweil­dauer war zu kurz, die Umsätze der Aussteller schlecht. Diese blieben im nächsten Jahr aus. Der Veran­stalter ging fast pleite. Keiner kam darauf, dass es am Geruch gelegen hat.

 

Perfekt gutes Beispiel: Eine Popcorn Maschine an einem Messe­stand für elek­tro­ni­sche White­boards bei der Didakta. Die White­boards waren so einfach zu bedienen „wie Popcorn“. Das Image des Herstel­lers gut gelaunt. Man konnte auch Filme auf die Boards proji­zieren (Kino). Die Besucher hatten einen Duft­leit­faden durch die ganze Messe­halle. An dessen Ziel stand eine span­nende neue Tech­no­logie, deren Kern unsichtbar ist. Sie kauten während der Präsen­ta­tion (Hirn­durch­blu­tung ;) ) und die Finger dufteten danach nach dem Whiteboard-Erlebnis.

 

 

Parfumeur Uwe L. ManasseParfu­meur Manasse erschafft in seinem Duftwerk Atelier in Köln unsicht­bare Signa­turen für Räume, Situa­tionen und Menschen. Persön­li­cher Lieb­lings­duft: Die Haut im Frühjahr, wenn zum ersten mal die Sonne darauf scheint.

 

 

 

Andere Beiträge in der fünf­tei­ligen Blog­serie zum Thema Begeg­nung:

Begeg­nung durch Bewegung: Stunt­Woman Cornelia Dworak aus Wien

Begeg­nung durch Sehen: Mercedes-Benz Exterior Designer Robert Lesnik

Begeg­nung gestalten – Event-Tipps rund ums Schme­cken vom Choco­la­tier Max

Das Buch: Begeg­nung gestalten — 33 Interviews

 

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