BurnOut: Wie schaffe ich es in der Medien- und Event-Branche zu arbeiten, OHNE auszubrennen…

14. Mai 2014

BurnOut Medien Event - Wie schaffe ich es zu arbeiten, ohne auszubrennen?

BurnOut — und jetzt? Ein Schleier der Ohnmacht deckt sich über alles… // Foto: Chris Cuhls

 

 

In der Event-Branche arbeiten wir von einem Höhe­punkt zum nächsten — beson­dere Momente zu erschaffen, ist unser Tages­ge­schäft. Was aber, wenn wir plötz­lich nicht mehr die Energie aufbringen können? Mit 15 Jahren Berufs­praxis in der Medien-Branche würde ich behaupten, dass unsere Branche eindeutig BurnOut förder­lich ist. Wie also können wir uns wappnen?

 

Einen BurnOut zu erleben ist das Heftigste, was mir bis jetzt in meinem Leben passiert ist. Die sieben­mo­na­tige Lebens­phase 2010/2011 war buch­stäb­lich die Hölle auf Erden. So hart es auch war: Erst dadurch habe ich unge­sunde Denk­struk­turen in Frage gestellt und lerne bis heute konstant neue Verhal­tens­muster dazu. Wie gelingt es ausba­lan­ciert im Event- und Medi­en­ge­schäft zu arbeiten und einen BurnOut viel­leicht sogar präventiv zu verhin­dern? Folgend möchte ich euch einen persön­li­chen Einblick in meine BurnOut Erfah­rung geben und euch an meinen Lern­fel­dern teil­haben lassen:

 

 

Wie geht es dir eigentlich?

 

Heute weiß ich, warum ich diese Frage oft mit einem „ganz OK“ abgetan habe. Ich konnte sie gar nicht mehr beant­worten. Ich hatte es verlernt, mich selbst zu spüren. Das hielt ich auch gar nicht für nötig, denn alles lief soweit rund. Doch dann folgte einem Bezie­hungsaus und einem neuen Bezie­hung­s­tart ein beinahe tödli­cher Fahr­rad­un­fall mit mehr­fa­chen Brüchen und künst­li­chem Koma, der plötz­liche Tod meines Papas, Umzug sowie die Gründung in die Selbst­stän­dig­keit — das alles in nur wenigen Monaten. In der Vorweih­nachts­zeit dann eine TV-Produk­­tion, bei der ich als Aufnah­me­leiter grob-fahr­läs­­sige Fehler der Redak­tion am Set ausmerzen musste. Ich spürte ohnmächtig: Ich kann nicht mehr.

 

Weih­nachten stand vor der Tür und ich dachte, OK, trete ich etwas kürzer. Neujahr verging und der Januar kam — und ich lag erschöpft auf meiner Couch, ohne Kraft für irgend etwas anderes, als drei Mal am Tag zu essen. Ach ja, Sudoko hat mich über den Tag gebracht. Meine persön­liche Haltung war schlei­chend: Rückzug, Flucht, Einsam­keit, Ängste, Isolie­rungs­ten­denzen. Erst mein Einge­ständnis, dass ich profes­sio­nelle Hilfe von außen benötige, zeich­nete sich im Nach­hinein als Talsohle ab. Ich fand Hilfe bei einem geist­li­chen Rück­zugsort in der Schweiz und den Gesprä­chen mit einem Verhal­tens­the­ra­peuten. Besse­rung kam, aber langsam. Die ganze Geschichte erzähle ich dir bei Inter­esse gerne beim nächsten Produk­ti­ons­bier. Fast forward: Was hat mir aus dieser Zeit heraus geholfen?

 

 

Welche Überzeugungen treiben dich an?

 

Die Helden­reise aus dem Storytel­ling zeigt: Der Held muss seiner tiefsten Angst ins Auge schauen. Ich war gezwungen, ehrlich zu sein und heraus­zu­finden: Was treibt mich eigent­lich an? Was lässt mich nicht zur Ruhe finden? Als perfek­tio­nis­tisch veran­lagter Mensch habe ich über Jahre hinweg einen extrem hohen Anspruch an mich und meine Leistung entwi­ckelt. Die Ursachen für das BurnOut sind meist sehr tief in der eigenen Persön­lich­keit und Geschichte verwur­zelt — hier fünf typische innere Antreiber:

 

BurnOut Innere Antreiber
BurnOut: Innere Antreiber // Quelle: ipersonic.de

 

 

Welche Stärken bringen dich zu Fall? In meiner Familie galt der Ausspruch: ‘Gerne, gleich, gut!’ Für mich wurde daraus irgend­wann: ‘Immer, sofort, perfekt.’ Darüber freuen sich Auftrag­geber, aber diesen Über-Anspruch kann auf Dauer kein Mensch halten. Was sind deine vermeint­lich positiv-gelernten Über­zeu­gungen, die du gar nicht mehr in Frage stellst? Lerne deine inneren Antreiber kritisch zu hinter­fragen und wo nötig loszulassen.

 

 

Das Frühwarnsystem: Achtsamkeit und Grenzen

 

Auch wenn in unserer Branche immer gilt: Ende gut, alles gut! – Die goldene Frage lautet: Wie geht es dir? Wie geht es dir während der Produk­tion? Wie geht es dir danach? Was braucht dein Körper, deine Seele, dein Geist? Wie voll ist dein Kraft-Haushalt?

 

Oftmals stellt man sich diese Fragen gar nicht, weil sich alles ganz gut und in Ordnung anfühlt. Okay, ein wenig über­ar­beitet ist man in unserer Branche ja schnell — das machen ja schließ­lich alle um mich herum und das ist ja auch ein bisschen Status. Der Übergang ist aber schlei­chend: höher, schneller, weiter. Hier noch, das noch, muss bis dann fertig sein — so lange, bis es hoff­nungslos zu spät ist. Die Reiß­leine ziehen — warum? Das schaffe ich doch oder es befrie­digt mich doch… Aber diese Fragen ehrlich zu beant­worten, hilft uns, GANZ zu bleiben, uns zu spüren und zu erkennen, wo wir kürzer treten müssen. Und dann gilt es zu sagen: Halt, STOPP! Grenzen setzen, zunächst für dich, aber viel­leicht auch für dein Team: Das machen wir morgen, nicht mehr heute. Oder: Unter den Umständen brauchen wir einen Tag länger. Punkt. Auch wenn Grenzen-setzen extrem unsexy klingt: Nur so hält dein Atem auch über diese Produk­tion, dieses Projekt hinaus.

 

Zur Stärkung der eigenen Acht­sam­keit helfen Rituale. Diese sind zwar eher unpo­pulär, weil monoton und dadurch manchmal lang­weilig. Sie retten dir aber in den Krisen­zeiten den Aller­wer­testen! Daher versuche dir Fixpunkte im Alltag zu setzen, die du regel­mäßig wieder­holst und dich in Stress-Momenten zur Ruhe führen. Ein Konzep­tioner hat mir kürzlich von seinem Zen-Büro­­­garten erzählt. Das kann aber auch die Runde Bürogolf nach dem Mittag­essen sein oder das Feier­abend­bier am Veedelsbütchen.

 

Einen wich­tigen Vorsatz habe ich erst durch die Krise getroffen: Ich will wichtige Momente erleben und mich eben nicht immer nur im Stress-Level bewegen, wodurch ich keine Kraft und Aufmerk­sam­keit mehr für mein Umfeld habe. So schön Projekte und die Befrie­di­gung über deren Ergeb­nisse auch sein mögen: Ich will dabei alles eigent­lich Wichtige um mich herum nicht verpassen! So habe ich mir zur Geburt meiner Tochter fünf Monate freie Zeit gegönnt. Das Erlebnis der Geburt und die ersten Wochen hautnah mitzu­er­leben war sowas von aufre­gend und ich würde es mit nichts tauschen wollen! Im siebten Jahr nach meiner Gründung plane ich ein halb­jäh­riges Sabba­tical — einfach um lang­fristig gesund zu bleiben.

 

 

Fazit: BALANCE — die BurnOut Prävention

 

Die beste Prophy­laxe gegen BurnOut ist es, in Balance zu leben. – Balan­ciert in allen Lebens­be­rei­chen: Bezie­hungen, Arbeit, Gesund­heit (emotional, physisch, geist­lich), Freizeit. Dabei ist es völlig in Ordnung auch einmal 100% zu geben — darauf muss dann aber eine Phasen der Erholung folgen. Diese Balance kannst nur du selbst spüren und für die Einhal­tung genau dieser sorgen! Mir helfen Zeiten der Refle­xion: Wo stehe ich, wo will ich hin, wie erreiche ich mein Ziel effi­zient und wo lauern Gefahren für ein BurnOut? Bei Joban­fragen auch mal ein Re-framing: Sorry, die Anfrage kann ich so nicht annehmen – ABER: so und so kann ich es mir vorstellen… Also aktiv eigene Bedin­gungen verknüpfen und so anpassen, dass es auch meinen Bedürf­nissen entspricht, ohne mich zu über­for­dern. Auch ein NEIN ist immer wieder ange­bracht, auch wenn es kurz­fristig weh tut (lang­fristig lohnt es sich eigent­lich immer)!

 

Lass Gefühle zu – ob Trauer, Verlust, Schmerz, Wut, Ärger oder Angst. Wenn sie wegge­drängt werden, wirst du gefühls­leer. Letztes Jahr bin ich über das Buch des Psycho­logen Björn Süfke gestossen: Männer­seelen: Ein psycho­lo­gi­scher Reise­führer — unbe­dingter Lesetipp! Denn wenn du deine Gefühle spürst und benennen kannst, wirst du nicht nur gesünder leben, sondern auch mit deinem Umfeld (Partner, Team) besser kommunizieren.

 

 

Ich hoffe, diese Gedanken helfen dir in deiner jetzigen Lebens­si­tua­tion weiter! Was hat dir aus dem BurnOut geholfen? Wie schützt du dich präventiv? Ich würde mich sehr über Meinungen und ergän­zende Kommen­tare freuen. Leite den Beitrag doch auch einfach an Freunde weiter, die sich in einer solchen Krisen­phase befinden!

 

PS: Dieser Artikel könnte dich auch inter­es­sieren: Wie Eventler dem Burnout vorbeugen und How to Break Your Addic­tion to Work

 

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