Begegnung durch Sehen: Mercedes-Benz Exterior Designer Robert Lesnik

18. April 2018

Robert Lesnik Exterior Designer Sehen Mercedes-Benz

Sehen — eine Begeg­nung mit der A‑Klasse in Amsterdam 2018 // Quelle: Daimler AG

 

 

Wir verfügen über fünf Sinne. Eines davon ist das Sehen. Wie dieser Sinnes­organ unsere Begeg­nungen beein­flusst, das habe ich den Leiter des Exterior Design bei Mercedes-Benz Robert Lesnik gefragt:

 

 

1. Was macht für dich als Exterieur Designer eine Begegnung aus?

 

Wenn ein Auto an mir vorbei­fährt kann es sein, dass ich mich umdrehe und denke: „Wow! Was ist denn das gewesen?“ Und dann zieht man natür­lich sofort Paral­lelen und merkt: „Oh, die neue A‑Klasse?!“. Genau so habe ich das einmal erlebt, als wir die damals neuste Gene­ra­tion der A‑Klasse 2012 vorge­stellt haben. Da sagte mein Nachbar erstaunt zu mir: „Das kann doch kein Mercedes gewesen sein!“

 

Dadurch habe ich gemerkt, dass er das Design des Autos so nicht erwartet hätte und habe mir daraufhin Gedanken gemacht, ob wir dadurch nicht die typische Wahr­neh­mung von Mercedes komplett verän­dern. In dem Fall wurde die sowieso schon positive Wahr­neh­mung zu einer eher sport­li­chen Wahr­neh­mung umge­formt. Die erste Begeg­nung mit einem Auto ist einfach immer erst visuell. Erst dann setzt man sich ins Auto, riecht das Leder und hat den Griff ange­fasst, um die Tür zu öffnen. Selbst die Motor­haube macht man nur noch selten auf. Deshalb ist diese erste visuelle Begeg­nung absolut essentiell.

 

A-Klasse W177 Filczer sehen Exterior Design Mercedes-Benz

 

Dabei ist es ja so: Sobald ich etwas wahr­ge­nommen habe, wird eine Emotion in mir ausge­löst. Entweder ist die Emotion positiv – es gefällt mir, es ist schön – oder sie ist negativ – es gefällt mir nicht, es ist hässlich. Das kennen wir von ersten Eindrü­cken von Menschen. Wir schauen jemanden an und nehmen zum Beispiel wahr, dass die Propor­tionen passen, wodurch wir ihn attraktiv finden. Genauso nehmen wir das auch bei einem Fahrzeug wahr. Deshalb reden wir im Exte­rieur Design auch so viel über Propor­tionen und deshalb ist diese Arbeit so wichtig.

 

Jetzt kann man sagen, dass ich zufällig für eine Marke arbeite, die schon immer ein gutes tech­ni­sches Package hatte und eine fast perfekte Propor­tion. Unsere aktuelle Linie, die alles andere als lini­en­förmig ist, wird vielmehr durch volle, runde Flächen ausge­macht. Basis für alles was wir tun ist unsere Design­phi­lo­so­phie der Sinn­li­chen Klarheit. Sie bringt einen wesent­li­chen Aspekt unserer Marke – die Bipo­la­rität von Emotion und Intel­li­genz – auf den Punkt.

 

Für mich als Designer muss gutes Design schön und intel­li­gent sein, so schaffen wir es, dass man sich in unsere Produkte leicht verlieben kann. Und das am besten auf den ersten Blick. Genau wie es passieren kann, dass man manche Menschen bei der ersten Begeg­nung direkt angenehm findet, streben wir ein Wohl­ge­fühl bei der ersten Wahr­neh­mung des Fahr­zeuges an und, dass man viel­leicht sogar denkt: „Wow, sexy!“. Wahr­schein­lich bei Sport­wagen mehr als bei einer Limousine… ;)

 

 

2. Sehen: Worauf achtest du bei der Gestaltung einer ersten Begegnung?

 

Zuerst ist es wichtig, dass das, was wir gestalten, über­haupt wahr­ge­nommen wird. Ich finde, es gibt nichts Schlim­meres, als wenn jemand sagt: „Was, das soll ein neues Auto sein? Das habe ich über­haupt nicht mitbe­kommen, dass das vorge­stellt wurde!“. Es gibt bestimmte Sachen, die pola­ri­sieren. Alles, was neu ist, pola­ri­siert per se. Das heißt aber nicht, dass man das direkt gut findet. Manchmal gewöhnt man sich erst mit der Zeit daran. Ich finde bei Autos muss man zuerst einmal merken, dass es nicht eins unter vielen ist. Denn wenn man jetzt ein belie­biges ist und alle wie gleich wirken, ist es nicht das, was wir wollen.

 

Wir wollen, dass der Kunde das Fahrzeug direkt als Mercedes erkennt. Ob es jetzt die runden Flächen sind oder das beson­dere Tagfahr­licht, welches in der Form einer Augen­braue darge­stellt ist. Beson­ders diese Augen­braue wieder­holt sich in allen Baureihen von Mercedes. Und durch solche Merkmale erkennt man, dass es ein Mercedes ist. Das finde ich das Wich­tigste, dass man das über­haupt gemerkt hat und auch etwas Neues erkannt hat. Erst dann kann man sich fragen: Gefällt mir das Auto oder gefällt es mir nicht?

 

 

3. Worauf sollten Eventmacher bei der visuellen Gestaltung von Events achten?

 

Die Kunst ist es, den Blick des Betrach­ters auf die Dinge zu lenken, die beson­ders wichtig sind. Also wichtige Details wie die Schein­werfer oder den Kühler­grill hervor­zu­heben. Andere Teile, die beispiels­weise aus Fußgän­ger­schutz­gründen so sein mussten, lässt man geschickt weg und macht sie viel­leicht sogar farblich etwas dunkler. Das gilt für auch für alle Bereiche des Events – die Wahr­neh­mung aus Perspek­tive des Gastes auf das zu lenken, was dem Veran­stalter wichtig ist. Alles was unwichtig ist sollte auch aus dem Sicht­feld entfernt werden. Und ganz klar, man muss Erleb­nisse kreieren, das ist in meinen Augen heut­zu­tage immer wich­tiger, vor allem, um sich von anderen abzuheben.

 

Neulich habe ich ein Werbe­bild für ein Auto gesehen, was falsch foto­gra­fiert worden ist. Der Blick­winkel war einfach zu tief. Es hat wahr­schein­lich nicht jeder gemerkt und nicht jeder könnte es erklären, was daran falsch war. Der Kunde spürt aber, wenn irgend­etwas nicht stimmt. Deswegen ist es wichtig, sich vor der Herstel­lung von ersten Eindrü­cken wie auf Werbe- bzw. Pres­se­bil­dern mit den Personen auszu­tau­schen, die im Entste­hungs­pro­zess des Produkts invol­viert sind. Die können defi­nieren, welches die wich­tigsten Teile, die Scho­ko­la­den­seiten, des Produkts sind. Und dann kann man sich über­legen, wie man das Produkt am besten foto­gra­fiert, damit diese Scho­ko­la­den­seiten beson­ders gut zur Geltung kommen.

 

Im Prinzip lenkt man den Fokus auf das Wesent­liche und versucht den Rest eher auszu­blenden.

 

 

Robert Lesnik Exterior Designer Sehen Mercedes-Benz

 

Robert Lesnik ist Leiter Exterior Design bei Mercedes-Benz und dort zuständig für die Gestal­tung der Formen und Propor­tionen aller PKWs. Seine Leiden­schaft sind harte, schnelle Skipisten am frühen Morgen. Würde er noch einmal neu in einen Beruf starten, dann wäre er bestimmt nochmal Auto­de­si­gner geworden.

 

 

Andere Beiträge in der fünf­tei­ligen Blog­serie Sehen zum Thema Begeg­nung:

Begeg­nung durch Riechen gestalten – Tipps eines Parfumeurs

Begeg­nung gestalten – Event-Tipps rund ums Schme­cken vom Choco­la­tier Max

 

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